Häuser — Baustile und Bauzeit
Die ersten Häuser Monemvasias, sowohl in der Ober- als auch in der Unterstadt, sind in byzantinischer Zeit errichtet worden. Die nachfolgenden Jahrhunderte mit Kriegen, Belagerungen und Zerstörungen haben zu immer neuer Bautätigkeit, zum Wiederaufbau, zum Umbau und zum Neubau von Häusern geführt. Deshalb ist es heute außerordentlich schwierig, festzustellen, aus welcher Zeit die heute sichtbaren Überreste stammen und von welchem Kulturkreis sie beeinflusst worden sind. Es wird heute überwiegend die Ansicht vertreten, dass die älteren, heute noch sichtbaren Profanbauten aus der zweiten venezianischen Epoche (1690 - 1715) und der daran anschließenden Zeit der Türkenherrschaft stammen. Als Unterscheidungsmerkmale bei der Datierung der Profanbauten werden insbesondere die Bauweise, die Grundrisse und der Zeitunterschied bei der Aufnahme von neuen Stilen und im technisch-handwerklichen Umgang mit neuen Stilen herangezogen.
Der Unterschied in der Bauweise der Türken, der Griechen und der Venezianer kommt in der Regel weniger in den Untergeschossen, als vielmehr in den oberen Geschossen zum Ausdruck. Griechen und Venezianer verwendeten auch für die oberen Stockwerke fast ausschließlich Steine, die zu tragenden Bögen und Wänden gelegt oder vermauert wurden. Demgegenüber ist die türkische Bauweise eine Leichtbauweise. Die oberen Stockwerke bestehen gewöhnlich aus Holz, vereinzelt liegt auch schon im Erdgeschoss eine Art Fachwerk bloß. Besonders charakteristisch ist das Überkragen des oberen Stockwerkes auf einfachen oder durch Schnitzereien verkleideten Holzkonsolen. Die Harems sind mit durchbrochenen Muschrabien (Holzgittern) verziert. Dächer und Erker springen weit über die Straße vor. Allerdings musste diese Bauweise in Monemvasia vielfach den Naturnotwendigkeiten angepasst werden. Holzarmut der Umgebung machte diesen Baustoff knapp und zwang die vermehrte Anwendung von Stein auf. Holz ist außerdem ein schnell vergängliches Baumaterial und bei Zerstörungen besonders brandgefährdet. Die Ruinen, von denen nur noch die Untergeschosse vorhanden sind, sind deshalb wegen der hier meist gleichen Bauweise kaum eindeutig griechischen, venezianischen oder türkischen Erbauern zuzuordnen.
Aufschlussreicher als die Baumaterialien können manchmal die Grundrisse sein, die aber auch nur Auskunft über den Kulturkreis der Person geben, die an einer Stelle als erste ein Haus errichtete. Denn nur bei vollständiger Zerstörung bis zu den Grundmauern kann davon ausgegangen werden, dass eine nachfolgende, aus einem anderen Kulturkreis stammende Einwohnerschaft, Bauten ihres eigenen Grundrisses an die alte Stelle setzt, und nicht nur Zerstörtes wiederaufbaut oder Vorgefundenes nur umbaut und es so den eigenen Bedürfnissen anpasst.
Ein weiteres Problem der Datierung liegt darin, dass nicht jede neue Herrschafts-, Händler- oder Einwohnerschicht den aus dem eigenen Kulturkreis stammenden, diesen auszeichnenden Baustil sofort durchsetzen kann. Meist sind die Handwerker bei wechselnder Herrschaftsschicht dieselben geblieben. Ihr handwerkliches Können, ihre Art, Verzierungen zu gestalten, wirkt unter der neuen Herrschaftsschicht weiter. Nur da, wo sie auftragsgemäß ihnen völlig fremde Techniken oder Ornamente ausführen, kann dann an der mangelhaften Art der Ausführung auf die Frühzeit der Herrschaft der Auftraggeber geschlossen werden. Stilistische Vollendungen deuten dann auf eine lange Übung in einem gewissen Stil und damit auf die längere Herrschaftszeit der Auftraggeber hin. Insbesondere gelten diese Ausführungen für die von Venedig beeinflussten Renaissancedetails an Häusern und Kirchen.
Nicht zuletzt wird die Zuordnung zu Kulturkreisen und die Datierung aber auch dadurch erschwert, dass durch den ständigen Wechsel der Herrschaft und das Nebeneinander verschiedener Herrschaften auf dem Felsen und dem Festlande auch eine gegenseitige, starke Beeinflussung der Stile unausweichlich ist.
