Die Besiedelung des Felsens in byzantinischer Zeit — seine Bedeutung für Handel und Krieg (6. Jahrhundert - 1248)
Der 194 Meter hohe und 1,8 km lange, steilaufragende Felsen vor der Küste der Peloponnes war bereits in antiker Zeit bekannt und wurde seinen Möglichkeiten entsprechend genutzt. Unter dem Namen "Minoa" trug er ein Kastell, das — so wird aufgrund dieser Bezeichnung von einigen Wissenschaftlern vermutet — bereits in minoischer Zeit gegründet worden war und der Küstenverteidigung und dem Schutz der weiten Bucht vor Epidavros Limera diente, die zu allen Zeiten als Ankerplatz eine Rolle spielte. Von dem minoischen Kastell sind allerdings keine Spuren mehr zu finden.
Wann der Felsen zum ersten Mal zivil besiedelt wurde ist ungewiss. Der prominenteste Tourist des Altertums, Pausanias, der in seiner "Beschreibung Griechenlands" die Landschaften, Siedlungen und Kunstdenkmäler darstellte, die er auf seinen ausgedehnten Reisen im 2. Jahrhundert sah, erwähnt keinerlei Siedlung, sondern nur die Felsenhalbinsel Minoa. Das Jahr der Entstehung einer Stadt auf dem Felsen ist jedoch kürzlich von einem deutschen Wissenschaftler genau bestimmt worden: Zwei Kleinchroniken belegen, dass Kaiser Maurikios im ersten Jahr seiner Regierung Monemvasia als Stadt auf dem Felsen vor der Küste der Peloponnes gründete. Kaiser Maurikios war im August 582 auf den Thron gekommen. Da diese Stadtgründung sicherlich nicht zu seinen ersten Amtshandlungen gehörte, können wir wohl annehmen, dass die Gründung Monemvasias als Stadt im Frühjahr 583 erfolgte. Allerdings kann Monemvasia noch nicht als bedeutende Stadt gewertet worden sein, denn die byzantinische Flotte, die in späteren Jahren hier auf dem Weg nach Sizilien ihre übliche Zwischenstation machte, legte während des 6. Jahrhunderts immer noch im Hafen von Tänaros an der Südspitze der Mani an.
Die erste schriftliche Erwähnung Monemvasias geschieht im Jahre 723 in der Beschreibung einer Reise, die der aus Deutschland kommende Bischof von Eichstätt, der Heilige Willibald, nach Jerusalem unternahm, und der dabei "in der Stadt Manafasia" Station machte.
Die Besiedelung des Felsens und die Gründung der Stadt Monemvasia muss im Zusammenhang mit Ereignissen gesehen werden, die für die Geschichte Griechenlands überhaupt von großer Bedeutung sind: Das Vordringen fremder Völker bis in den Süden der Peloponnes. Die Goten unter ihrem König Alarich zerstörten das 100 km entfernte Sparta im Jahre 396, nachdem sie bereits Athen erobert hatten. Auch andere feste Städte und Zufluchtsorte hielten dem Sturm nachdrängender Slawen und Awaren nicht stand. Deshalb zog sich die Bevölkerung der Stadt Epidavros Limera, von der auf einem Hügel am nördlichen Ufer der weiten Bucht bei Monemvasia noch Reste der Stadtmauern und der Akropolis zwischen Getreidefeldern zu finden sind, zuerst auf einen Felsvorsprung an jenem Teil der Küste zurück, um dann aber auch dieses unsichere Domizil mit dem Schutz des uneinnehmbaren Felsens vor der Küste zu vertauschen. Dieser Teil der Geschichte Monemvasias ist noch in den heutigen Flurbezeichnungen lebendig. Der Hügel, auf dem die Stadt Epidavros Limera lag, wird von den heutigen Bewohnern der Gegend als "Kastraki" (kleine Festung) bezeichnet, und einige direkt am Strand in Richtung Nord-Osten liegende Häuser heißen immer noch "Paläa Monemvasia" (Alt-Monemvasia).
Kupferstich aus Dappers „Morea“ von 1688
Die Umsiedlung auf den Felsen von Monemvasia muss im Jahre 583 begonnen haben. Urkundliche Erwähnungen aus dem Jahre 746 beschreiben die neue Stadt bereits als die wichtigste an der Ostküste der Peloponnes. Die Gunst ihrer geografischen Lage: der nahezu uneinnehmbare Felsen mit zwei weitgeschwungenen Buchten, die zahlreichen Schiffen als Ankerplätze dienen konnten, ließen die Seefahrt treibende Bevölkerung rasch anwachsen. In wenigen Jahren blühte die Stadt auf und wurde zu einem der wichtigsten Halte- und Umschlagpunkte an der bedeutendsten Schifffahrtsroute des Mittelalters, die das westliche Mittelmeer mit der Levante verband. Jedes Schiff, das von Westen kommend nach Konstantinopel oder Kleinasien segelte, musste zwischen Kreta und Kap Malea an der Südspitze der Peloponnes hindurch und so an Monemvasia vorbei. Keine Flotte konnte unbemerkt von den Monemvasioten ins Gebiet der griechischen Inseln gelangen oder sich der Hauptstadt des byzantinischen Reiches nähern. Diese exponierte und bedeutsame Lage wird auch heute noch deutlich, besonders, wenn man an der Mauer der Oberstadt stehend weit nach Süden und Süd-Osten blickt. Es ist kein Wunder, dass den byzantinischen Kaisern viel daran gelegen war, zu allen Zeiten diese Stadt an ihr Imperium zu binden und die Treue und Freundschaft ihrer Bewohner durch Privilegien und Sonderrechte zu erkaufen. Und es ist eben so wenig verwunderlich, dass in späteren Zeiten alle fremden Eroberer versuchten, sich in den Besitz dieser Stadt zu bringen, sowohl wegen der Bedeutung, die sie für die Sicherheit des byzantinischen Reiches hatte, als auch wegen der Wichtigkeit für eigene militärische Unternehmungen. Diese Wichtigkeit galt sogar noch bis zum 2. Weltkrieg, als die englische Armee sich von Monemvasia aus nach Kreta zurückzog und sich stattdessen eine deutsche Besatzung in Monemvasia einrichtete.
Aber nicht nur unter strategischen Gesichtspunkten war Monemvasia während des gesamten Mittelalters von Bedeutung. Als Handelsplatz bildete es einen wichtigen Knotenpunkt für den Levantehandel, durch den die Bewohner zu ansehnlichem Wohlstand und Reichtum kamen, von dem alte Stadtansichten mit zahllosen Türmen, Kirchen und Palästen zeugen.
Die Bewohner Monemvasias waren nicht nur als tüchtige Seefahrer berühmt, die als Matrosen und Kapitäne in der Flotte der byzantinischen Kaiser dienten; sie waren auch als Kaufleute bekannt, die durchaus im Stande waren, mit anderen Kaufleuten aus dem westlichen Mittelmeer zu konkurrieren. Vor allem ein Produkt war es, das den Namen Monemvasias weit verbreitete: Der auf dem Festland nördlich der Stadt und später auch auf den griechischen Inseln angebaute Malvasier-Wein, der an mittelalterlichen Fürstenhöfen die Rolle einnahm, die in späteren Zeiten für das Bürgertum der Champagner spielt. Diese Bezeichnung geht auf die Venezianer zurück, die die Stadt "Napoli di Malvasia" nannten.
Die erste, aus byzantinischer Zeit stammende Ansiedlung auf dem Felsen von Monemvasia, war 583 auf der leicht geneigten Hochfläche errichtet worden, auf die sich die Bewohner der umliegenden Siedlungen des Festlandes vor den Slawen und Awaren zurückgezogen hatten. Diese Hochebene bot — verglichen mit anderen Siedlungsmöglichkeiten der Gegend — den größten Schutz vor Überfällen und Plünderungen. Die Besiedelung der Hochfläche hat somit die gleiche Ursache, die die Bewohner Venetiens in Oberitalien auf die vorgelagerten Inseln des adriatischen Meeres und die Bewohner der dalmatinischen Küstenstädte auf das Felsenriff von Ragusa, das heutige Dubrovnik, ausweichen ließ.
Die natürliche Beschaffenheit des Felsens mit seinem einen Zugang, dem er seinen Namen verdankt (mone embasis = einziger Zugang), und die schroff abfallenden Felswände schützten die Stadt so, dass es sogar überflüssig war, die gesamte Hochfläche des Felsens mit einem Mauerring zu umgeben; um die Stadt uneinnehmbar zu machen, war dies nur an einigen Stellen erforderlich.
Der rasche Aufstieg dieses Neuankömmlings unter den griechischen Städten und das Selbstbewusstsein seiner Bürger zeigt sich unter anderem auch daran, dass bereits im Jahre 727 Monemvasia zusammen mit Athen, Navplion und den kykladischen Inseln ein Heer und eine Flotte zusammenstellte, um gegen den Bilderstürmer Kaiser Leo III. zu ziehen. Das Unternehmen schlug zwar fehl, es zeigt aber, dass diese junge Stadt alles andere war als eine hilflose, um ihr Überleben kämpfende Ansiedlung von Flüchtlingen.
Kurze Zeit danach wurde Monemvasia von einem schweren Unglück heimgesucht: Im Jahre 746 war im Nahen Osten die Pest ausgebrochen und wurde als "blinder Passagier" von Kauffahrern über Sizilien und Calabrien kommend im Jahre 747 nach Monemvasia eingeschleppt. Von hier aus breitete sie sich über ganz Griechenland aus. Besonders verheerend grassierte sie in Monemvasia, an der Ostküste der Peloponnes und auf den kykladischen Inseln. Byzantinische Geschichtsschreiber berichten, dass nur wenige Menschen dieser Seuche entkamen und weite Landstriche, besonders in der südlichen Peloponnes, nahezu entvölkert wurden. Ein Nachrücken slawischer und albanischer Ansiedler war die Folge. Diese Neubesiedlung wurde noch durch die Bevölkerungspolitik der byzantinischen Kaiser unterstützt, denen mehr an einer steuerzahlenden Bevölkerung als an einer "Reinerhaltung" des Hellenentums gelegen war.
Monemvasia muß sich in recht kurzer Zeit von diesem schweren Schlag erholt haben und nicht nur seine frühere Bedeutung wiedererlangt, sondern sogar noch übertroffen haben. Der Wohlstand seiner Bewohner ließ die arabischen Piraten, die in dieser Zeit das gesamte Mittelmeer verunsicherten, mit begehrlichen Blicken auch nach Monemvasia schauen. Kreta und Sizilien hatten sie bereits erobert, und die Bewohner der griechischen Küstenstädte zogen sich in unzugängliche Gebirgsgegenden zurück, um ihre Habe und ihre Familien vor Raub und Sklaverei zu schützen. In Westeuropa stießen arabische Heere bis nach Spanien und Südfrankreich vor, in Griechenland eroberten, plünderten und verwüsteten sie selbst so starke und befestigte Städte wie Thessaloniki. Monemvasia teilte dieses Schicksal jedoch nicht. Trotz heftiger Angriffe mussten die arabischen Piratenschiffe angesichts der uneinnehmbaren Mauern und der tapferen Gegenwehr der Einwohner unverrichteter Dinge von Monemvasia abziehen. Nicht anders erging es den sizilianischen Normannen, die unter ihrem König Roger II. versuchten, den Erfolg, den Normannen in Westeuropa durch die Eroberung Englands (1066) hatten, noch dadurch zu überbieten, dass sie das byzantinische Reich eroberten. Im Jahre 1147 erschienen normannisch-sizilianische Schiffe vor Monemvasia, nachdem sie im Jahr zuvor Korfu erobert und die griechische Westküste geplündert hatten. Aber die Bevölkerung dieses uneinnehmbaren Felsens stellte sich den Angreifern kühn entgegen und schlug die Angriffe zurück, nicht ohne den Normannen schwere Verluste zuzufügen.
Es ist nicht erstaunlich, dass eine Stadt, die in solchem Maße nicht nur ihren Wohlstand zu vermehren, sondern auch ihre Unabhängigkeit zu verteidigen verstand, auch dem byzantinischen Kaiser als ihrem Oberherrn recht selbstbewusst gegenüberstand. Auf seine Hilfe bei der Abwehr von Feinden war sie nicht angewiesen, sie stellte im Gegenteil sogar ein Kontingent von Schiffen und Mannschaften, die den Kaiser unterstützten, oder, wie im Jahre 727 geschehen, sich gegen ihn wendeten. Wie zwischen Venedig und Ragusa, zwischen Neapel und Amalfi bestand auch zwischen Monemvasia und Konstantinopel eher ein Verhältnis der Konföderation und Schutzgemeinschaft, als dass Monemvasia eine untertänige Stadt war.
Im Laufe der Zeit hatten es die Bewohner verstanden, eine ganze Reihe von Freiheiten und Privilegien vom Kaiser zu erwerben, und jeder neue Kaiser beeilte sich, diese Vorrechte zu bestätigen und durch neue zu erweitern. So wurde der Bischof von Monemvasia zu einem Metropoliten der orthodoxen Kirche erhoben, der einen hervorragenden Rang in ihrer Hierarchie innehatte. Den monemvasiotischen Kaufherren wurden Steuervergünstigungen im gesamten byzantinischen Reich erteilt und Handelsrechte gewährt; an Monemvasias Kirche und einzelne seiner Bürger wurden Ländereien verliehen, die den Besitz der Stadt auf dem Festland bis zur Südspitze der Parnonhalbinsel ausdehnten. Die "Goldene Bulle" (Chrysobullo) des Kaisers Andronikos II., des großen Förderers der Stadt Monemvasia, aus dem Jahre 1301, die heute im Byzantinischen Museum von Athen aufbewahrt wird, zählt einen Teil der Ländereien und Vorrechte auf. In diesen Ländereien wurde ein Teil der Güter produziert, mit denen dann der gewinnbringende Handel betrieben wurde. Neben dem bereits erwähnten Malvasier-Wein werden in byzantinischer Zeit als Handelsgüter Getreide, Holz, Stroh, Leder, Felle, Stoffe, Wollstoffe, Leinsamen, gesalzene Fisch- und Fleischwaren sowie Vierfüßler genannt. Zu späteren Zeiten finden Olivenöl, Rosinen, Getreide, Seide, Wolle, Baumwolle, Saffianleder und Wachs Erwähnung. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts wird nur noch von Getreide, Olivenöl, Mais, Zwiebeln und Käse berichtet. Zusätzlich zu diesen für den Export bestimmten Gütern mussten aber auch die Lebensmittel produziert werden, die für die Versorgung der Stadt benötigt wurden. Dass dies keine geringe Menge war, ergibt sich aus der Einwohnerzahl Monemvasias, die in der Blütezeit der Stadt 40 000 bis 50 000 betrug.
Der wichtigste Nahrungslieferant Monemvasias war das Dörfchen Velies, einige Kilometer nordwestlich des Felsens gelegen. Heute ist diese kleine Ortschaft über die nach Neapolis führende Straße von der Kreuzung etwa 12 km nördlich von Monemvasia aus zu erreichen. Im Mittelalter müssen täglich ganze Eselskarawanen quer über das Gebirge zwischen Monemvasia und Velies gezogen sein, um die Produkte der Felder, der Gärten und Weinberge in die Gassen und auf die Plätze Monemvasias und den steilen Aufstieg zur Oberstadt hinauf zu transportieren.
Innerhalb der Stadtmauern gibt und gab es so gut wie kein landwirtschaftlich nutzbares Land. Die einzige Ausnahme stellt eine kleine Senke auf dem Plateau dar, die Berichten aus dem 17. Jahrhundert zufolge ausreichte, eine Mannschaft von 50 bis 60 Soldaten mit Getreide zu versorgen. So wichtig diese kleine Fläche in Zeiten der Belagerung gewesen sein mag, für die Versorgung der Bevölkerung fiel sie wohl kaum ins Gewicht.
Die Gliederung der Bevölkerung Monemvasias im Mittelalter entsprach der der übrigen griechischen Städte: neben kaiserlichen Beamten, örtlichen Aristokraten, die Archonten genannt wurden, und dem Klerus gab es auch freie Bürger, die, wie die anderen Gruppen, ebenfalls Inhaber von Lehen und Ländereien sein konnten. Außerhalb der Städte aber und überall dort, wo slawische Einwanderer an die Stelle der griechischen Bevölkerung getreten waren, fehlte das freie Bürgertum; hier gab es nur die Landbesitzer und die Leibeigenen und Sklaven. Das galt auch dort, wo die Kirche Landbesitz hatte, so dass der überwiegende Teil der Bevölkerung, die die Ländereien bearbeitete und die Versorgung der Städte und Klöster sicherstellte, abhängig und unfrei war.
Die Archonten, die Monemvasia im Stil einer aristokratischen Selbstverwaltung regierten, waren die drei Familien Mamonas, Manoiannis und Sophianos. Sie waren die bevorrechteten Stadtoberhäupter, allerdings weniger im Sinne der mitteleuropäischen Feudalaristokratie, vielmehr eher den hansischen Kauffahrerfamilien vergleichbar. Allerdings waren die monemvasiotischen Archonten auch nicht über Piraterie erhaben, so dass die Grenze zwischen aristokratischem Kaufmann und skrupellosem Seeräuber oft unscharf wurde. Großes Geschick bewiesen die Archonten allerdings immer, wenn es um die Bewahrung der Unabhängigkeit der Stadt ging. Durch keine politische Veränderung in dem an Umstürzen und Revolutionen so reichen byzantinischen Kaiserreich kam Monemvasia zu Schaden. Weit genug vom Zentrum der Macht entfernt und stark genug befestigt, um sich gegen jeden Angreifer zur Wehr setzen zu können, überstand Monemvasia alle Veränderungen. Dass die Befestigungen stark genug blieben, um die Stadt uneinnehmbar zu erhalten, wurde durch eine Regelung sichergestellt, die sowohl vom Selbstbewusstsein als auch vom Verantwortungsbewusstsein der Bürger zeugt: Wenn ein Bewohner ohne direkte Nachkommen starb, wurde sein Vermögen eingezogen und für die Instandhaltung und den Ausbau der Befestigungsanlagen verwendet. Der Erfolg dieser Regelung ließ sie den Bürgern sinnvoll erscheinen, und keiner der Eroberer späterer Zeiten versuchte, sie zu verändern.