Architektonische Details
Bewässerung. Für eine Stadt ohne Quellen war die Versorgung mit Trinkwasser in ausreichender Menge eine Vorbedingung für bequemes Leben. In Belagerungszeiten dagegen wurde das Trinkwasser zu einer Frage des Überlebens. Jedes private Wohnhaus verfügte daher über zumindest eine, oftmals mehrere Zisternen. Für öffentliche Zwecke und für Notzeiten verfügten Ober- und Unterstadt über weitere große Wasserreservoire in städtischem Besitz (vgl. Bild Nr. 35).
Die Häuser waren alle mit einer schrägen Traufe umgeben, an deren tiefstem Punkt der Zulauf zur Zisterne lag. Die Rinnen der Traufen waren aus den gleichen halbrunden Ziegeln, die auch für die Dächer verwendet wurden. Sie waren auf den äußersten Rand der dicken Wände gemauert. Die Dächer standen deswegen auch nicht über, nicht einmal bei den türkischen Häusern, deren Stil sich hier wegen der fehlenden Wasserversorgung mit fließendem Wasser veränderte. Die senkrechten Fallrohre in die Zisternen wurden aus konischen Tonröhren zusammengesteckt. Die Reservoire selbst waren mit dem wasserundurchlässigen, rötlichen byzantinischen Mörtel ausgekleidet.
Die Reservoire hatten zum Teil zwei Kammern, von denen die erste der Klärung des Wassers diente. Sie war mit der zweiten Kammer durch kommunizierende Röhren verbunden, so dass sich im zweiten Reservoir nur sauberes, klares Wasser befand.
Die Zisternenöffnungen hatten z. T. sehr schön verzierte Einfassungen, zumeist aus Marmor, da dieser härter als die anderen Gesteine ist und von den Zugseilen der Eimer am wenigsten eingekerbt wird. In vielen Häusern war es möglich, auch aus den oberen Stockwerken Wasser aus der Zisterne zu schöpfen, weil die Fußböden über den Schöpföffnungen durchgehend mit Löchern versehen waren.
Die großen öffentlichen Zisternen wurden entweder durch das von den Kirchendächern ablaufende Wasser versorgt oder von eigens zum Wassersammeln befestigten und ummauerten Freiflächen aus durch das Regenwasser gefüllt. Zwei der drei großen Zisternen mit gemauerten Sammelflächen befinden sich leicht zugänglich in der Oberstadt, eine weitere in der Unterstadt. Die Zisternen unter den Plätzen bei den Kirchen Panajia Chrysaphitissa und Christos Elkomenos werden von den genannten Kirchen aus gefüllt.
Die Entwässerung der Gebäude war bei weitem weniger planvoll als die Bewässerung. Die Mehrzahl der Häuser ließ die Abwässer direkt auf die Straße laufen. In der Südmauer befinden sich Öffnungen, durch die die Abwässer dann von der Straße ins Meer flossen. Sie sind noch heute z. B. in der Passage des Stellakis-Hauses sichtbar. Nur die direkt an der Südmauer gelegenen Häuser hatten eine zentrale, von außen aber nicht sichtbare offene Abwasserrinne im untersten Geschoss, deren Ausfluss sich direkt in der Südmauer ins Meer hinein öffnete.
Heute werden die Häuser aus einer 1963 gebauten Wasserleitung von Jefira her mit Wasser versorgt. Die Entwässerung geschieht durch Versickern der Abwässer in dafür gegrabenen Gruben.
Kragsteine. Die in die Straßenflucht hineinragenden Bauelemente werden auf sogenannten Kragsteinen errichtet, die aus der Mauer hervortreten und als Aufleger dienen. Ihnen kommt damit die gleiche Funktion wie den Konsolen der türkischen Leichtbauweise zu: Sie geben die Möglichkeit, in den oberen Stockwerken eine größere Grundfläche zu bebauen als im Erdgeschoss. Das für die Straßen notwendigerweise freibleibende Bauland kann so in den oberen Geschossen durch Überkragung im Luftraum wieder gewonnen werden. Die Holzarmut der Gegend von Monemvasia zwang auch die Türken, anstelle der hölzernen Konsolen vermehrt Kragsteine zu verwenden. Je nachdem, ob die Überkragung für Erker, hervorragende Schornsteinschäfte oder Galerien notwendig war, kommen rechteckig und halbrund überkragende Bauteile vor, deren Bodenplatten zum Teil mit sehr schönen Verzierungen versehen sind, wie sie insbesondere sonst für Holzschnitzereien Verwendung fanden. Dies deutet auf die Umsetzung der türkischen Bauweise in die Notwendigkeit des Steines hin. Die Überkragungen sind fast alle aus Porosgestein gearbeitet.
Die Schornsteine Monemvasias zeigen unterschiedliche Stileinflüsse und stammen aus den verschiedenen türkischen, venezianischen und griechischen Bauperioden; allen älteren ist gemeinsam, dass sie außerhalb des Hauses, oftmals auf von Kragsteinen getragenen, segmentierten Bögen gebaut wurden. Südlich der Apsiden der Kirche Christos Elkomenos findet sich ein restauriertes Haus, dessen Schornstein noch die alte, venezianische Form im Originalzustand aufweist (vgl. Bild Nr. 14): Ein außerordentlich hoher Schaft, am Haus entlang halbrund und über das Dach hinausragend in ein Vollrund auslaufend, auf der Spitze mit einem Schornsteintopf, der wiederum durch Kragsteine über die Breite des Schaftes hinausgebaut wurde. Der Schornsteintopf selber hat einen Durchmesser und eine Höhe von jeweils etwa einem Meter. Eine wulstige Zierleiste schließt den Topf oben und unten ab.
Die neueren Schornsteine haben weniger aufwendige Aufsätze. Zum Teil sind sie aus auf Lücke stehenden Porosblöcken gemauert und mit einer Steinplatte abgedeckt, die eventuell noch durch eine aufgesetzte Pyramide verziert ist; zum Teil sind nur Dachziegel spitz gegeneinander gestellt. Neuerdings werden wieder einteilige durchbrochene Tonaufsätze nach alten Vorlagen verwendet.
Die in die Straßenflucht hinausragenden Erker sind z. T. von innen her als Schränke oder Sitznischen verwandt worden, z. T. dienten sie auch nur der Schaffung eines exponierten Platzes innerhalb der Häuser.
Typisch für die Häuser mit großer Grundfläche sind dem Haus vorgelagerte Veranden (vgl. Bild Nr. 27), die auf segmentierten Steinbögen lagern und oft zum Meer hin ausgerichtet sind. Zum Teil waren diese Veranden auch selber wieder von Bögen überspannt, so dass man zwar im Freien, gleichzeitig aber auch im Schatten in diesen Galerien sitzen und dem Treiben in der Stadt zusehen konnte. Die nicht überdachten Veranden dürften zum größten Teil von Weinlaub überrankt gewesen sein, so dass Steine und Pflanzen miteinander kontrastierten.
Adressen im heutigen Sinne existierten früher nicht, da es auch keine Straßennummern und Straßennamen gab. Die Identifikation der Häuser konnte deshalb nur über sogenannte Hauszeichen geschehen: bildliche Darstellungen in Flachrelief, manchmal noch zusätzlich mit Schrift- oder Zahlzeichen versehen. Die alten Hauszeichen von Monemvasia sind alle abhanden gekommen. An restaurierten Gebäuden finden sich aber heute wieder Abgüsse oder Nachbildungen von Hauszeichen mit Darstellungen von Adlern, Löwen und anderen Tieren. Der aus Marmor gehauene Markuslöwe über der Eingangstür des Bischofshauses am Kirchplatz von Christos Elkomenos ist kein Hauszeichen, sondern das ehemalige Hoheitszeichen Venedigs in Monemvasia.
Die interessantesten Details der Häuser sind die Renaissanceverzierungen der Fenster und Türen. Die von den Venezianern beeinflussten Türen sind von geriffelten Pilastern eingerahmt; auch die Tür- und Fensterstürze sind durch steinerne Leisten verziert (vgl. z. B. Bild Nr. 23). Aus geschwungenen Bögen spitz zulaufende Fenster und Türen wirken für den Mitteleuropäer auf den ersten Blick wie türkische Bauelemente. Tatsächlich handelt es sich hierbei aber um eine venezianische Bauform, den sogenannten italienischen Flamboyantstil, der auch an Wandnischen und Kaminen anzutreffen ist (vgl. Bild Nr. 24, Zustand vor dem Wiederaufbau).
