Allgemeines zur Oberstadt
Zur Blütezeit Monemvasias während des Mittelalters nahm die Oberstadt wohl etwa zwei Drittel der Hochfläche des Felsens ein. Diese Fläche steigt von der Ostspitze ausgehend zuerst nur leicht an; die Steigung nimmt zwischen Hauptplatz und Agia Sophia zur nördlichen Felsseite hin kräftig zu. Ebenso ist die Steigung vom Hauptplatz bis zu den großen Zisternen hin recht erheblich. Oberhalb der Linie Zisternen — Agia Sophia ist die Steigung bis zum Gipfel mit dem Kastell dann wieder geringer. Westlich des Gipfels fällt der Felsen in stark geneigter Fläche wieder ab, um sodann mit dem westlichen Steilabfall, der dem Felsen zugewandt ist, vollends ins Meer abzufallen. Die starke Steigung oberhalb des Hauptplatzes ist besonders gut an den zuweilen vierstöckigen Häusern zu erkennen, von denen an der Oberseite der Häuser nur zwei Stockwerke über dem Erdboden liegen.
Der Gipfel des Felsens hat eine Höhe von etwa 194 Metern. Der Steilabfall — also der fast senkrechte Teil des Felsens zwischen Hochebene und Abhang um den Felsblock herum — ist an seiner flachsten Stelle etwa 75 Meter hoch, bis zur Westspitze steigt er dann auf etwa 180 Meter an.
Die Befestigungsmauern der Oberstadt ziehen sich insbesondere an der Südseite der Hochfläche, oberhalb der Unterstadt, entlang und um die Ostspitze herum. Die Nordseite konnte bis auf ein kleines Mauerstück, das an einer weniger steilen Stelle auf halber Höhe des Steilabfalls gezogen wurde, völlig unbewehrt bleiben, denn ein solcher Steilabfall konnte von keinem Feind erklommen werden. Die Westspitze ist, bis auf einen weit vorgeschobenen, runden Turm und Verteidigungsanlagen, die noch unterhalb des starken Kastells liegen und den "einzigen Zugang" schützten, ohne größere Befestigungswerke. An der Südseite der Hochfläche verläuft noch ein weiteres Mauerstück an der Kante des Steilabfalls entlang.
So kunstvoll der Aufgang zur Oberstadt in seiner Anlage ist, so wenig kunstvoll sind die Mauerteile um die Hochfläche des Felsens herum gebaut: Sie folgen nur dem natürlichen Verlauf des Steilabfalls und dienten wohl mehr dazu, der Besatzung des Felsens die Überwachung der Straße und der Unterstadt in Sicherheit von der Kante der Hochfläche aus zu ermöglichen, als den angreifenden Feind daran zu hindern, den Gipfel des Felsens zu erringen. Dagegen ist die Verteidigungsanlage der Ostspitze wieder recht schön mit kleinen, gekuppelten Türmen und Schlupfhäusern ausgestattet, und auch das Eingangstor zur Oberstadt zeugt von recht erheblichen Überlegungen bei der Errichtung.
Es wird heute allgemein angenommen, dass die Befestigungen der Hochfläche schon im 7. Jahrhundert begonnen wurden. Die heute oberflächlich sichtbaren Teile stammen jedoch erst aus türkischer und venezianischer Zeit und verdecken die darunter liegenden byzantinischen Gründungen. Venezianisch ist auch ein kleines, an der Nordseite auf halber Höhe des Steilabfalls gelegenes Tor, in der sogenannten "Mura Rossa", das nur durch Ersteigen erreichbar war. Es diente den außerhalb der Mauern agierenden Verteidigern beim Rückzug in die Zitadelle.
Der erste Eindruck von den Überresten auf der Hochfläche ist der einer völlig ruinierten Stadt. Teile von Mauern ragen in den blauen Himmel, aufgebrochene Zisternenöffnungen lassen in ihrem dunklen Schatten kein Ende erkennen, die übereinander gefallenen Steinhaufen sind von Thymian, Wolfsmilch und Disteln überwuchert. Straßenführungen sind in der Oberstadt so gut wie gar nicht mehr zu erkennen, und man fühlt sich zuerst ein wenig orientierungslos. Erst längeres Umherstreifen zwischen den Ruinen lässt das Städtische dieser trostlosen Steinwüste wieder erstehen und erkennbar werden.
Abgesehen davon, dass das entdeckerische Umherstreifen zwischen den Ruinen jeweils neue Aspekte und Ausblicke bringt — wenngleich es wegen der ständigen Einsturzgefahr von Tonnengewölben über dem Kopf und Zisternenabdeckungen unter den Füßen auch nicht ohne Gefahren ist — schälen sich doch vier Bereiche heraus, deren Besuch außerordentlich lohnend ist.
						
												
						
